Ich wende mich mit einer Bitte an Sie, in der Hoffnung Ihnen dadurch keine wesentliche Mühe zu verursachen. Es handelt sich um die Assistentenstelle am theoretisch-physikalischen Lehrstuhl der Universität Berlin, die alle 3 Jahre vergeben wird, und bei der, wie ich informiert bin, im kommenden Herbst wieder Vakanz eintritt. Da wohl mit grosser Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass Prof. Schrödinger nach Berlin kommt, ist es die Assistenz bei ihm, und ich glaube mit der Annahme nicht fehlzugehen, dass er ihre Besetzung in den nächsten Monaten vornehmen wird.
Ich habe mich in der letzten göttinger Zeit viel (fast ausschließlich) mit Quantenmechanik beschäftigt (die Arbeit, deren Konzept ich Ihnen schickte, erscheint — in etwas erweiterter Form — in ca. 10 Tagen in den 'Gött. Nachr.'), und in ca. 10 Tagen in den Urlaub, und beabsichtige mich in der nächsten Zukunft auch mit diesen Fragen zu beschäftigen. Außerdem werde ich mich — infolge meiner demnächst erfolgenden Habilitation — in Berlin aufhalten. Ich hoffe daher annehmen zu können, dass ich zu denjenigen gehöre, die für diese Stelle in Betracht kommen.
Wenn ich nicht irre, hält sich Herr Prof. Schrödinger gegenwärtig in Zürich auf; ich war dann Herrn Professor und ich wäre darum Herrn Professor sehr dankbar, wenn Sie die Bitte hätten, mit ihm einmal über den Gegenstand in diesem Sinne auszusprechen; um so mehr, als Sie ja "über meine wissenschaftliche Tätigkeit und Interessen orientiert sind. Ich hoffe, dass ich Herrn Professor durch diese Bitte keine beson- diese Mühe verursache, und danke Ihnen im voraus.
Da Sie in Ihrem letzten Briefe die Liebenswürdigkeit hatten, mich aufzufordern, Ihnen bei Gelegenheit Mitteilungen über meine Arbeiten zu machen, erlaubte ich mir noch einiges über eine Frage zu schreiben, mit der ich mich im Anschluß an den quantenmechanischen Operatoren-Kalkül beschäftigt — die ich — und, wie ich glaube, zu einem gewissen Abschluss gebracht — habe. Es ist die Frage der Formulierung und Erledigung des Eigenwertproblems für allgemeine (insbesondere nicht- beschränkte!) symmetrische Operatoren, in dem Sinne, wie sie Hilbert für die beschränktesten gelangt. (Für die Quantenmechanik sind ja gerade unbeschränkte Operatoren von höchstem Interesse!) Es werden also beliebige symmetrische Operatoren zugelassen (die Operatoren sind anwendbar auf die Punkte des Hilbertschen Raumes — d.h. sie sind unendliche Matrizen —, oder auf Funktionen — die Funktionsräume sind ja dem Hilbertschen Raume isomorph — wobei Differential-Operatoren ausdrücklich zugelassen sind).
Man kann nicht verlangen, dass sie „überall sinnvoll seien (nach einer leichten Überlegung ist dies für die beschränkten, und nur diese, der Fall); an Stelle davon wird aber dies verlangt: Der Operator sei symmetrisch maximal, d. h., es soll keinen symmetrischen Operator geben, der überall sinnvoll ist wo es ist, und dort mit ihm übereinstimmt, aber auch noch an anderen Stellen sinnvoll ist.
Eine Eigenwertdarstellung definiere ich so: \(E(\lambda)\) \((-\infty < \lambda < \infty)\) sei eine Folge von Projektoren, \(E(\lambda)\) wachse mit \(l\) monoton, es strebe für \(\lambda \to \pm\infty\) gegen \(0, 1\) (d.h. \(E(\lambda)f\) en moyenne gegen \(0,f\) ) und sei nach rechts stetig (d. h. \(E(n)\) en moyenne) — meine Terminologie ist dieselbe, wie in meinem Quantenmechanischen Manuskripte.
\(Q(f,g)\) sei das skalare Produkt von \(f,g\) (d. h. im Hilbertschen Raume \(\sum f_n g_n\); im Funktionenraum \(\int f \cdot g \, dv\)), \(Q(f,f)=Q(f)\).
Wenn \( \int_{-\infty}^{\infty} \lambda^{2}\, d\varphi\!\big(E(\lambda)\,\xi\big) \) endlich ist, so gibt es ein (und nur ein) \(f^{x}\) — es werden mir solche mit endlichem \(Q(f^{*})\) zugelassen — so dass stets
\(Q(f^{*}, g) = \int_{-\infty}^{\infty} \lambda \, d\varphi\!\left(f,\; E(\lambda)\, g\right)\)
ist.
Der „für den \(E(\lambda)\) gehörige Operator \(T^{*}\)“ ist nun für diese (und nur diese) \(f\) definiert, u.zw. \(T^{*} f = f^{*}\). (dann kann symbolisch \(T^{*} = \int_{-\infty}^{\infty} \lambda \, dE(\lambda)\) schreiben.)
Nun kann man das folgende beweisen: Wenn \(E(\lambda)\) eine Schaar von Einzeloperatoren mit den genannten Eigenschaften ist, so ist der zugehörige Operator \(T^*\) maximal-symmetrisch. Und umgekehrt gibt es zu jedem maximal-symmetrischem \(T\) eine und nur eine derartige Schaar, zu der \(T\) der zugehörige Operator ist.
Der Satz ist verhältnismäßig schwer zu beweisen, wenigstens kann ich den Beweis — selbst wenn alles triviale oder bekannte vorausgesetzt wird — nicht unter 25–30 Druckseiten führen. Es erscheint in den Math. Ann.